Corona-Steuerhilfegesetz, Liquiditätshilfe für Zahnärzte und Physiotherapeuten und KUG

I. Steuerzahlungen und Sozialversicherung

Herabsetzung der Steuervorauszahlungen 2019 durch Berücksichtigung eines pauschalen Verlustrücktrages aus 2020
Geleistete Vorauszahlungen für 2019 sollen mit rücktragsfähigen voraussichtlichen Verlusten 2020 ermöglicht werden. Hierzu ist am 24.04.2020 ein BMF-Schreiben ergangen, das unter folgendem Link abgerufen werden kann:
(https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Einkommensteuer/2020-04-24-Corona-Sofortmassnahme-Antrag-auf-pauschalierte-Herabsetzung-bereits-geleisteter-Vorauszahlungen-fuer-2019.html).


Unternehmen können nicht nur beantragen, dass ihre vierteljährlichen Vorauszahlungen zur Einkommen- und Körperschaftsteuer 2020 bis auf null herabgesetzt werden, sodass auch die bereits geleisteten Vorauszahlungen für das I. Quartal 2020 ganz oder teilweise erstattet werden. In bestimmten Branchen, z. B. Gastronomie, der Event-Bereich oder der Tourismus, werden die Unternehmen 2020 keine Gewinne erwirtschaften, sondern wahrscheinlich Verluste ausweisen, die für steuerliche Zwecke nach 2019 zurückgetragen werden können, was zu einer Steuererstattung führt. Normalerweise ist dies aber erst nach Abgabe der Steuererklärung 2020, also frühestens im Laufe des Jahres 2021 möglich. Hier gewährt nunmehr die Finanzverwaltung eine weitere Erleichterung, nämlich einen pauschalen Verlustrücktrag bereits jetzt.


Unternehmen können beantragen, dass ihre Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen des Jahres 2019 rückwirkend herabgesetzt werden. Diese Möglichkeit besteht für Unternehmen, die unmittelbar und nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffen sind. Davon kann ausgegangen werden, werden bereits die Vorauszahlungen für 2020 auf 0 Euro herabgesetzt wurden. Im Rahmen der Corona-Hilfsmaßnahmen gewährt das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen zum Zwecke der Vorauszahlungen einen Verlustrücktrag bis zur Höhe von 15 % des Vorjahresgewinns bzw. Vorjahresüberschusses ohne weitere Nachweise. Der Antrag kann für alle Gewinneinkünfte, d. h. für Einkünfte aus Gewerbebetrieb, selbstständiger Tätigkeit, aber auch aus Land- und Forstwirtschaft sowie für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gestellt werden. Die sich aufgrund des Verlustrücktrages ergebende Überzahlung der Vorauszahlungen für 2019 wird dann erstattet. Bei der Veranlagung der Einkommensteuer für 2019 werden zwar erst einmal Steuern ohne einen Verlustrücktrag festgesetzt.


Die auf den im Vorauszahlungsverfahren berücksichtigten Verlustrücktrag entfallende Nachzahlung für 2019 wird auf Antrag befristet bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheides 2020 zinslos gestundet, wenn der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung für 2019 weiterhin von einer nicht unerheblichen negativen Summe der Einkünfte für 2020 ausgehen kann.


Kommt es für 2020 nicht zu einem rücktragsfähigen Verlust, so ist die gestundete Nachzahlung für 2019 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheides für 2020 zu entrichten. Ergibt sich bei der Veranlagung für 2020 zwar ein Verlustrücktrag nach 2019, ist die Steuerminderung aufgrund der entsprechenden Änderung der Veranlagung für 2019 aber geringer als der bislang gestundete Betrag, ist die verbleibende Nachzahlung für 2019 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des berichtigten Steuerbescheides für 2019 zu entrichten. Das Finanzamt gewährt in diesen Fällen also nur ein – wenngleich auch zinsloses – Darlehen.

II. Fristen

Im Umwandlungssteuerrecht sind Rückwirkungsfristen mit acht Monate geregelt, bei denen die umwandlungsrechtlich verlängerte Frist zur Einreichung beim Handelsregister auf zwölf Monate keine Wirkung entfaltet und eine entsprechende Angleichung als notwendig bezeichnet. Dieser Inkongruenz soll mit dem von der Regierung beschlossenen Corona-Steuerhilfegesetz vom 06.05.2020 abgeholfen werden. Somit gilt auch für die in der Praxis besonders wichtigen Einbringungsfälle, dass diese noch bis zum 31.12.2020 mit steuerlicher Rückwirkung auf den Jahresbeginn 2020 vertraglich vereinbart werden können.

III. Finanzielle Hilfen

Ermäßigter Umsatzsteuersatz für die Gastronomie
Die Bundesregierung hat am 06.05.2020 den Gesetzentwurf des sogenannten Corona-Steuerhilfegesetzes veröffentlicht. Ein wichtiger Punkt dieses Gesetzes betrifft finanzielle Hilfen für die Gastronomie.
Der Mehrwertsteuersatz für Speisen wird vom üblichen Regelsatz von 19 % auf 7 % herabgesenkt. Da es sich bei den Abgabepreisen der Gastronomie um Endverbraucherpreise handelt, bedeutet dies, dass der gastronomische Unternehmer aus seinem Entgelt weniger Umsatzsteuer abführen muss und ihm somit ein höherer Ertrag verbleibt. Die Herabsenkung betrifft nur Speisen, also nicht Getränke.
Die Begünstigung soll für alle Speisenumsätze gelten, die in der Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 getätigt werden. Wir hatten bereits infrage gestellt, weshalb diese Begünstigung erst ab dem 1. Juli gelten soll, obwohl doch die Gastronomie ab Eröffnung dringend einer Unterstützung bedarf und die Begünstigung mit der Dringlichkeit besonders begründet wird. Leider ist der Gesetzesentwurf insoweit unverändert, obwohl inzwischen klar ist, dass die große Mehrzahl der gastronomischen Betriebe im Laufe des Monats Mai wieder Gäste bewirten darf.

Corona-Hilfspaket für Gründer
Bereits am 01.04.2020 hatten die Minister Scholz und Altmeier ein Stützungsprogramm für Start-up-Unternehmen angekündigt. Dieses Paket ist nunmehr geschnürt worden. Es basiert auf 2 Säulen.
Säule 1 betrifft Start-up-Unternehmen, bei denen bereits Finanzinvestoren mit Wagniskapital (sog. VC-Fonds) eingestiegen sind. Bisher wurden solche Unternehmen dadurch gefördert, dass die VC-Fonds mit Geld ausgestattet wurden, damit diese die Mittel in Eigenverantwortung in die Start-up-Unternehmen investieren. Nunmehr soll das von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellte Kapital den Start-up-Unternehmen unmittelbar zur Verfügung gestellt werden. Dennoch erfolgt die Förderung über die VC-Fonds, die seinerseits einen Beitrag von mindestens 30 % leisten müssen (sogenanntes matching).
Die Säule 2 betrifft Unternehmen, bei denen VC-Fonds bisher nicht investiert haben. Diese Start-ups sind selbst berechtigt, Antrag auf Wagniskapitalmittel zu stellen und zwar über Landesförderinstitute wie regionale Beteiligungsgesellschaften, öffentliche Fonds, mittelständische Beteiligungsgesellschaften, Family Offices oder Business Angels.
Die Säulen 1 und 2 schließen sich gegenseitig aus, d. h. Unternehmen mit bereits vorhandenen Finanzinvestoren können nur die Hilfsmaßnahmen der Säule 1 beantragen und nicht zusätzlich Gelder der Säule 2.
Die Anträge sollen ab Mitte Mai gestellt werden können.

Liquiditätshilfen für Zahnärzte und Ausgleichszahlungen an Heilmittelerbringer
Am 30.04.2020 hat das Bundesministerium für Gesundheit eine Verordnung zum Ausgleich COVID-19-bedingter finanzieller Belastungen der Zahnärztinnen und Zahnärzte und der Heilmittelerbringer erlassen (COVID-19-Versorgungsstrukturen-Schutzverordnung).
Danach erhalten Vertragszahnärzte zur Überbrückung der finanziellen Auswirkung der infolge der COVID-19-Epidemie verminderten Inanspruchnahme zahnärztlicher Leistungen als Gesamtvergütung für das Jahr 2020 zunächst 90 % der gesamten Gesamtvergütung des Jahres 2019 als Abschlagszahlung. Dabei haben die Krankenkassen die anzupassenden Abschlagszahlungen an die jeweilige Kassenzahnärztliche Vereinigung zu entrichten. Übersteigt die von den Krankenkassen an eine Kassenzahnärztliche Vereinigung gezahlte Gesamtvergütung die im Jahr 2020 erbrachten zahnärztlichen Leistungen, so hat die Kassenzahnärztliche Vereinigung die dadurch entstandene Überzahlung in den Jahren 2021 und 2022 vollständig auszugleichen.
Heilmittelerbringer (Physiotherapeuten, Stimm-, Sprech- und Sprachtherapeuten, Fußpfleger oder Ernährungstherapeuten) erhalten für den Zeitraum vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 auf Antrag eine Ausgleichszahlung für die Ausfälle der Einnahmen, die ihnen aufgrund eines Behandlungsrückganges infolge der COVID-19-Epidemie entstehen. Der Antrag kann nur in dem Zeitraum vom 20.05.2020 bis zum Ablauf des 30.06.2020 gestellt werden. Die Ausgleichszahlung wird als Einmalzahlung gewährt. Sie beträgt

für einen Leistungserbringer, der bis zum 30.09.2019 zugelassen worden ist, 40 % der Vergütung, die der Leistungserbringer im IV. Quartal 2019 für Heilmittel gegenüber den Krankenkassen abgerechnet hat, einschl. der von den Versicherten geleisteten Zuzahlungen;

  • für einen Leistungserbringer, der im Zeitraum vom 01.10.2019 bis 31.12.2019 zugelassen worden ist, mindestens 4.500,00 €;
  • für einen Leistungserbringer, der im Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 30.04.2020 zugelassen worden ist, 4.500,00 €;
  • für einen Leistungserbringer, der im Zeitraum vom 01.05.2020 bis zum 30.05.2020 zugelassen worden ist, 3.000,00 €;
  • für einen Leistungserbringer, der im Zeitraum vom 01.06.2020 bis zum 30.06.2020 zugelassen worden ist, 1.500,00 €.

Eine Anrechnung finanzieller Hilfen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen erfolgt nicht.

Zur pauschalen Abgeltung der Kosten für erhöhte Hygienemaßnahmen infolge der COVID-19-Epidemie, insbesondere für persönliche Schutzausrüstung der Leistungserbringer, können die Leistungserbringer für jede Heilmittelverordnung, die sie in dem Zeitraum vom 05.05.2020 bis einschl. 30.09.2020 abrechnen, einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 1,50 € gegenüber den Krankenkassen geltend machen.

Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz
Angestellte und Selbstständige haben nach dem Infektionsschutzgesetz Anspruch auf Entschädigung bei Verdienstausfall wegen Kinderbetreuung in der Corona-Krise. Seit dem 05.05.2020 können Anträge hierfür durch den Arbeitgeber bzw. die Selbstständigen online gestellt werden
(https://www.lvr.de/de/nav_main/soziales_1/soziale_entschaedigung/taetigkeitsverbot/taetigkeitsverbot.jsp).

Neustarthilfe für kleine und mittlere Kultureinrichtungen
Aufgrund der Schutzmaßnahmen waren Museen in ganz Deutschland geschlossen. Die Öffnungsmöglichkeiten sind an die Einhaltung bestimmter Hygienemaßnahmen gebunden. Kleine und mittlere Kultureinrichtungen können für die erforderlichen Investitionen in entsprechende Schutzmaßnahmen zwischen 10.000 und 50.000 € Zuschüsse beantragen (https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/meseberg/programm-neustart-1749592).

Kurzarbeitergeld auch für Auszubildende
Grundsätzlich sind Auszubildende bei der Prüfung, ob ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht, zunächst außen vor zu lassen und Kurzarbeit bei Azubis insgesamt sehr restriktiv zu behandeln. Dennoch sind derzeit schon viele Ausbildungsbetriebe von Kurzarbeit betroffen, so dass sich hier durchaus offene Fragestellungen ergeben können.
Die Industrie- und Handelskammern haben hierzu Merkblätter herausgegeben (z. B. die IHK Köln unter https://www.ihk-koeln.de/upload/01081-Kurzarbeit_1081.pdf), in denen ausgeführt wird, dass zunächst sämtliche Möglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, die Ausbildung weiter zu gewährleisten. Das kann z.B. durch eine zeitliche Umverteilung der Lerninhalte, eine Versetzung in eine andere Abteilung oder Rückversetzung in die Lehrwerkstatt oder Durchführung besonderer Ausbildungsveranstaltungen geschehen. Der Ausbildungsbetrieb muss auch sicherstellen, dass der verantwortliche Ausbilder seiner Ausbildungspflicht nachkommen kann, also selbst nicht auch in Kurzarbeit ist.

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat in seinem Fragen- und Antwortkatalog vom 16.04.2020 (https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/kug-faq-kurzarbeit-und-qualifizierung.pdf?__blob=publicationFile&v=15) hierzu ausgeführt, dass, wenn es unvermeidlich ist, auch Auszubildende unter bestimmten Umständen Kurzarbeitergeld beziehen können. Gem. § 19 Abs. 1 Nr. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) haben sie zunächst bis zu sechs Wochen lang Anspruch auf Fortzahlung der vollen Ausbildungsvergütung, ehe Kurzarbeitergeld gezahlt werden kann.

Die 6-wöchige Frist beginnt mit dem ersten Tag, an dem der Auszubildende wegen Arbeitsmangels mit der Arbeit aussetzen muss, und läuft nur an Ausfalltagen fort. Wird z. B. die aufgrund von Kurzarbeit von 40 auf 20 Stunden verminderte Arbeitszeit in einem Betrieb so verteilt, dass in der einen Woche voll, in der anderen Woche nicht gearbeitet wird, endet der Vergütungsanspruch von 6 Wochen nach Ablauf der 12. Woche.
Die Arbeitsagentur empfiehlt in ihren fachlichen Weisungen zum Kurzarbeitergeld ergänzend, die Prüfung, ob Kurzarbeit für Azubis notwendig ist, in Abstimmung mit den Industrie- und Handels- oder Handwerkskammern vorzunehmen.

Beitragsermäßigung für freiwillig versicherte Selbstständige
Normalerweise ist Grundlage für die Beitragsberechnung für freiwillig versicherte Selbstständige der aktuelle Einkommensteuerbescheid. Auf seiner Basis werden die Beiträge zukunftsbezogen bis zur Vorlage des nächsten Einkommensteuerbescheides vorläufig festgesetzt. Dabei wird es sich aktuell regelmäßig um die Einkommensverhältnisse des Kalenderjahres 2018 handeln, da in der Regel der Einkommensteuerbescheid 2019 noch nicht ergangen ist. Sofern der später für 2020 erlassene Einkommensteuerbescheid ein geringeres als das zugrundgelegte Einkommen aufweist, werden die Beiträge auf der Basis der tatsächlich erzielten Einnahmen neu berechnet und zu viel gezahlte Beiträge werden erstattet. Dies erfolgt jedoch erst im Jahr 2021. Bei einer erheblichen Veränderung der aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit resultierenden Einnahmensituation kann das freiwillige Mitglied jedoch vorab eine Beitragssenkung beantragen. Voraussetzung ist eine sog. unverhältnismäßige Belastung. Sie liegt vor, wenn das aktuelle Einkommen um mehr als ein Viertel gegenüber dem zuletzt für die Beitragsberechnung festgestellten Einkommen reduziert ist. Die Reduzierung der Beitragsbemessungsgrundlage erfolgt nur auf Antrag des freiwilligen Mitglieds. Die Beitragsreduzierung kann nur zukunftsbezogen vorgenommen werden. Kommt eine Beitragsermäßigung in Betracht, sind die Hürden für den Nachweis einer unverhältnismäßigen Belastung abgesenkt. Bis auf Weiteres können die Krankenkassen anstelle von ansonsten in diesem Verfahren vorgeschriebenen Vorauszahlungsbescheiden auch andere Nachweise über die geänderte finanzielle Situation des Selbstständigen akzeptieren. Dies sind z. B. Erklärungen von Steuerberatern, finanz- und betriebswirtschaftliche Auswertungen oder auch glaubhafte Erklärungen von Selbstständigen über erhebliche Umsatzeinbußen. Auch wenn eine unverhältnismäßige Belastung vorliegt, werden die neu ermittelten Beiträge einstweilig festgesetzt. Die einstweilige Beitragsfestsetzung erfolgt mit Beginn des auf die Antragstellung und Vorlage des Nachweises folgenden Monats. Bei der späteren Vorlage des Einkommensteuerbescheides 2020 werden die Beiträge für das gesamte Kalenderjahr 2020 auf der Basis des tatsächlich erzielten Einkommens neu berechnet.

Vorsicht vor Subventionsbetrug beim Kurzarbeitergeld
Bei fehlerhaften Angaben zum Arbeitsausfall kann ein Subventionsbetrug nach § 264 StGB in Betracht kommen, da Kurzarbeitergeld nach überwiegender Auffassung eine Subvention darstellt. Hier drohen Freiheitsstrafen bis zu 10 Jahren. Subventionsbetrug liegt beispielsweise vor, wenn Arbeitsausfall angezeigt wurde, der nicht vorlag und der Arbeitgeber sich das verauslagte Kurzarbeitergeld erstatten ließ. Insbesondere ist zu beachten, dass beim Subventionsbetrug bereits leichtfertiges Handeln ausreicht. Leichtfertig handelt, wer die Sorgfalt in grober und vermeidbarer Weise außer Acht lässt. Insofern ist der Tatbestand bereits erfüllt, wenn der Arbeitgeber unrichtige oder unvollständige Angaben macht. Daher besteht immer dann ein Risiko, wenn der Arbeitgeber seine Prüfungs-, Erkundigungs-, Informations- oder Aufsichtspflichten verletzt. Als Beispiel für Subventionsbetrug kommen daher in Betracht:

  • Der Arbeitgeber prüft nicht, ob Arbeitnehmer andere Arbeiten hätten verrichten können, um Arbeitsausfall zu verhindern.
  • Der Arbeitgeber setzt nicht vorrangig Urlaub ein, um Arbeitsausfall zu vermeiden, oder behauptet wahrheitswidrig, es sei kein Urlaub mehr vorhanden.
  • Der Arbeitgeber führt unvollständige Zeiterfassungsbögen, sodass der Arbeitsausfall nicht plausibel ermittelt werden kann und die Auszahlung des Kurzarbeitergeldes höher ist als der Arbeitgeber eigentlich beanspruchen kann.

Kurzarbeitergeld und Arbeitsunfähigkeit
Viele Arbeitgeber stellen die Frage, ob bei einem erkrankten Arbeitnehmer der Anspruch nach § 3 EFZG auch dann noch fortbesteht, wenn beispielsweise der Betrieb geschlossen wird. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen arbeitsunfähigen Arbeitnehmern, bei denen Kurzarbeit angeordnet werden kann, sowie arbeitsunfähigen Arbeitnehmern, bei denen das nicht möglich ist.

Führt die Kurzarbeit zu einem vollständigen Wegfall der Arbeitspflicht („Kurzarbeit Null“) entfällt auch der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung. Stattdessen erhält er Krankengeld in Höhe des Kurzarbeitergeldes. Führt die Kurzarbeit zu einer hypothetischen Reduzierung der Arbeitszeit (insoweit hypothetisch als der Arbeitnehmer während seiner Arbeitsunfähigkeit gar nicht arbeitet), erhält der Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung in Höhe der nunmehr reduzierten Arbeitszeit sowie Kurzarbeitergeld für die entfallene Arbeitszeit.

Erfolgt keine Kurzarbeit, z. B. weil der Arbeitnehmer nicht zugestimmt hat, und wird der Betrieb vorübergehend eingestellt und dem Arbeitnehmer gekündigt, entfällt damit auch sein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG, da es an der erforderlichen Monokausalität der Arbeitsunfähigkeit fehlt. Selbst wenn er gesund wäre, könnte er aufgrund der Betriebseinstellung nicht arbeiten und würde auch keinen Lohn erhalten.

Ansprüche nach dem Infektionsschutzgesetz
Wir hatten darüber berichtet, dass nach § 56 Abs. 1 IfSG ein Entschädigungsanspruch nicht für den Zeitraum gilt, wo ein Arbeitnehmer einen Anspruch nach § 616 BGB auf Entgeltfortzahlung bei persönlicher Verhinderung hat, es sei denn, dass im Arbeitsvertrag bzw. im Tarifvertrag die Anwendung von § 616 BGB ausgeschlossen ist.

Erfahrungsgemäß enthalten die wenigsten Arbeitsverträge eine Abbedingung des § 616 BGB. Wahrscheinlicher sind Konkretisierungen der häufigsten Anwendungsfälle von § 616 BGB (beispielswiese Hochzeit, Tod eines Angehörigen, Umzug). Hier kann man argumentieren, dass es sich um einen indirekten Ausschluss nicht aufgezählter Konstellationen handelt, wobei es auf den konkreten Wortlaut ankommen wird. Auf jeden Fall sollte man zukünftig Ansprüche nach § 616 BGB arbeitsvertraglich ausschließen. Insoweit bietet sich ein „Merkposten“ für zukünftige Arbeitsvertragsgestaltungen an.

IV. Liquiditätshilfen

Derzeit liegen noch keine Erkenntnisse vor, wie schnell die KfW-Sofortkredit-2020-Anträge bearbeitet werden. Möglicherweise sind die Banken und Sparkassen erneut der Engpassfaktor, diesmal aufgrund von Kapazitätsproblemen.

V. Sonstiges

Betriebsunterbrechungsversicherung
Bei reinen Betriebsunterbrechungsversicherungen sind als versicherte Gefahren Feuer, Leitungswasser, Blitz, Einbruch, Diebstahl u. ä. versichert, was bei Betriebsschließungen aufgrund behördlicher Verfügung oder Erlasse nicht hilft.

Versicherungsschutz kann jedoch bestehen, wenn zusätzlich zur klassischen Betriebsunterbrechungsversicherung auch eine Betriebsschließungsversicherung abgeschlossen wurde. Diese ist als Zusatzbaustein bei vielen Versicherern erhältlich und bietet je nach Formulierung der Bedingungen auch in der jetzigen Situation Versicherungsschutz. Dies ist der Fall, wenn die Bedingungen auch Betriebsunterbrechungen infolge von Infektionskrankheiten nach § 6 Abs. 1 IfSG umfassen. Die Krux besteht jedoch darin, dass manche Bedingungen nur Versicherungsschutz für die Krankheiten und Erreger gewähren, die in §§ 6 und 7 IfSG i.d.F. vom 20.07.2000 erwähnt werden. Covid 19 ist aber ein neuer Erreger und erst seit dem 30.01.2020 meldepflichtig. Es ist daher nicht auszuschließen, dass ein Versicherer sich auf den Wortlaut der Bedingungen zurückzieht und darauf beruft, dass die Bedingungen Betriebsschließungen infolge von Corona nicht umfasst. Gegen eine derartige Auslegung spricht aber bereits die Zielsetzung des Infektionsschutzgesetzes. Dieses wurde geschaffen, um den Schutz der Bevölkerung vor Infektionskrankheiten zu verbessern und soll dazu führen, dass bekannte und neue Infektionskrankheiten frühzeitig erkannt werden, um schneller und zielgerichtet Bekämpfungsmaßnahmen einleiten zu können.

Die Erläuterung in den Bundestagsdrucksachen zu § 7 IfSG ist noch eindeutiger. Danach ist die Liste der Krankheitserreger nicht abschließend und erfasst auch neue, nicht aufgeführte Krankheitserreger. Vor diesem Hintergrund ist die Formulierung der dem jeweiligen Vertrag zugrundeliegenden Bedingungen genau zu prüfen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass Versicherungsbedingungen aus Sicht eines durchschnittlichen verständigen Versicherungsnehmers auszulegen sind. Es ist daher egal, ob eine Behörde die Schließung anordnet oder nur die Öffnung untersagt.

Da die Bedingungen oftmals nicht eindeutig oder gar missverständlich formuliert worden sind, sind sie bei einer Leistungsablehnung unbedingt einer fachkundigen Prüfung zu unterziehen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Leistungsbereitschaft der Versicherer erhöhen kann, sobald ihnen nicht nur der Versicherungsnehmer, sondern ein fachlich versierter Rechtsanwalt gegenübertritt.